Anonym-Videos

Weitere Videobeispiele demnächst!

Konzertprobenmitschnitte im  „Statt-Theater Regensburg“ von 1986/87:

1. Sie sähn es gern, ich würde kirre (R. E. Prutz)

Das Lied, Mitte der 1980er Jahre ein Lieblingslied von „Anonym“, dessen Melodie sie seinerzeit von der irischen Gruppe „Planxty“ entlehnt und dem Gedicht von Robert Eduard Prutz unterlegt hatten, bezeugt die konsequente Haltung des Stettiner Volksmärzdichters, eines überzeugten Linkshegelianers und Demokraten, der sich auch nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 nicht der Reaktion beugte und an Überzeugungen auch entgegen dem reaktionären Zeitgeist der Folgejahre festhielt. 1859 gab Prutz daher von sich aus seine Professur für Literatur an der Universität Halle zurück und zog sich nach Stettin zurück, wo er journalistisch tätig war und zu einem der Väter des deutschen Journalismus wurde, bevor er 1872 an den Folgen eines Schlaganfalls verstarb.

 

2. Spießbürger Tugend (A.H. Hoffmann von Fallersleben)

Thema des Liedes ist das Wirtshaus als Heimstätte und „Heimat“ des politisierenden deutschen Spießbürgers und Stammtischphilisters, d.h. des „deutschen Michel“, der im Wirtshaus politisiert, räsonniert und verbalradikal „die Regierung stürzt“, sich dann aber bei Ausbruch der Polizeistunde und pflichtschuldigster Einhaltung derselben nach Hause trottet und die Bettdecke über seine Schlafmütze zieht. Hoffmann hat seinen Text dem Lied „Ein Jäger aus Kurpfalz“ unterlegt, das bis ins 20. Jahrhundert hinein eines der populärsten und bekanntesten Chor- und Volkslieder nicht zuletzt für zahlreiche deutsche Männergesangsvereine darstellte.

 

3. Gute Presse (A.H. Hoffmann von Fallersleben)

Der Verfasser des Liedes gibt in seinem Text, dem „Anonym“ in den 1980er Jahren eine Melodie von Erich Schmeckenbecher („Zupfgeigenhansel“) unterlegt hat, seiner Hoffnung auf die endliche Vergeblichkeit der Zensur und dem Sieg eines demokratischen Zeitungswesens Ausdruck. Dabei wollen sich die Musiker auch heute ganz gewiss von Pegida- und AfD-Vertretern abgrenzen, die sich aktuell anmaßen, die deutsche „Lügenpresse“ zu kritisieren, wenn Pressevertreter etwa ihnen missliebige Meinungen vertreten.

 

4. Es soll sich der Mensch nicht mit der Liebe abgeben

Anti-Ehelied, das Uli in den 1980er Jahre auf einer LP der Gruppe „Fiedl Michel“ gehört und von dieser entlehnt hatte.

 

5. Entlaubet ist der Walde

Hintergrund „Waldsterben“ – Liebeslied, Reklame für den Liebeswerber gerät in der Interpretation der Musiker von „Anonym“ zu einer Parodie [gelernt von „Liederjan“].

Eines der schönsten deutschen Liebeslieder aus den „Frischen teutschen Liedlein“, einer fünfteiligen Liedsammlung, die 1539–1556 von dem Arzt, Komponisten und Liedersammler Georg Forster (* um 1510 in Amberg; † 12. November 1568 in Nürnberg) herausgegeben wurde. Sie umfasst 380 mehrstimmige, vorwiegend weltliche deutsche Lieder. Ihren Sammelnamen erhielt die Sammlung später. Es ist die umfangreichste und bedeutendste Liedpublikation der Zeit und eine der wichtigsten Quellen für Tenorlieder (mit dem Cantus firmus im Tenor, wie sie beispielsweise eine Fassung von Innsbruck, ich muss dich lassen von Heinrich Isaac oder Mir ist ein rot Goldfingerlein von Ludwig Senfl darstellen). Dieses Lied, das „Anonym“ zuerst von den Kollegen und Freunden von „Liederjan“ gehört hatte, macht Reklame für einen Liebeswerber, der seine Konkurrenten bei den Bemühungen um die geliebte Frau in Misskredit zu bringen und abzuqualifizieren trachtet. In der Interpretation von „Anonym“ geriet das Lied dabei zu einer echten Parodie.

 

6. Robes, Modes

Robes-Modes ist der deutsche Titel des US-amerikanischen Foxtrottschlagers “Collegiate”, den Moe Jaffe und Nat Bonx 1923 geschrieben hatten und der zwei Jahre später auch nach Deutschland kam. Der Librettist Fritz Löhner schrieb unter seinem Künstlernamen Beda auf die Melodie einen deutschen Text, der satirische Anspielungen auf Institutionen und Personen der Weimarer Republik enthält. Das Lied erschien 1925 unter dem Titel “Robes-Modes” im Wiener Bohème-Verlag Wien-Berlin (W. B. V. 689). Clemens M. Peters hat das Lied, das Uli Otto von einer Musikveranstaltung anlässlich des Volkskundekongresses 1979 in Kiel mitgebracht und ins Repertoire der Gruppe eingebracht hatte, auf die bundesrepublikanischen und heimatlichen Verhältnisse von „Anonym“ in den 1980er Jahren hin aktualisiert.

 

7. Helmut-Tango

Parodie aus den 1980er Jahren auf „ den Adolf-Tango“ von Wolfgang Müller & Wolfgang Neuss (Komponist: Franz Grothe & Texter: Günter Neumann) aus dem Film „Wir Wunderkinder“ (1958). Die Aktualisierung von Clemens Peters stellt dabei den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl in den Mittelpunkt der Kritik, wobei Kohl die Gnade der deutschen Wiedervereinigung erfuhr, die ihn trotz vieler Fehler und fragwürdiger Entscheidungen und Handlungen schließlich doch noch zu einer historischen Figur werden ließ. Auch die Kollegen von „Liederjan“ haben dann kurze Zeit nach „Anonym“ einen eigenen „Helmut-Tango“ verfasst, der an dieser Stelle lobend erwähnt werden muss.

 

8. Die Raupe (Worte: Adolf Glassbrenner)

Der Berliner Journalist und volkstümliche Schriftsteller Adolf Glaßbrenner, ein überzeugter Demokrat und bedeutendster Vertreter der vormärzlichen Berliner Volksliteratur, der sich seitens der Obrigkeit immer wieder Verfolgungen ausgesetzt sah, zeigt in seinem Gedicht, das Ende der 1970er Jahre von Rainer Prüss („Liederjan“) vertont wurde, welcher Qualitäten es bedurfte, um im damaligen – nur im damaligen??? – Deutschland politische Karriere zu machen.

 

9. De oide Kath & Fuchsmühler Holzlied 1986 (Trad./Peters)

Die Auseinandersetzungen um die in den 1980er Jahren im oberpfälzischen Wackersdorf geplante und in Angriff genommene atomare Wiederaufbereitungsanlage beschäftige neben vielen anderen Musikern auch „Anonym“. Clemens Peters unterlegte daher 1986 dem alten Lied „Fuchsmühler Holzschlacht“ aus dem Jahr 1894 einen neuen Text, der sich kritisch mit der WAA und dem damals geplanten Rhein-Main-Donaukanal auseinander-setzte und dabei den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß und dessen Partei attackierte, galten diese doch als vehemente Befürworter der WAA und Handlanger der Atomlobby. Immerhin wurden bald nach dem Tod von Strauß, der übrigens in Regensburg bei einem Jagdausflug verschied, die WAA-Pläne sang- und klanglos beerdigt. Wackersdorf war neben Wyhl der einzige Sieg der Anti-Atombewegung. Immerhin versetzte der Gau in Fukushima der Atomenergie in Deutschland endgültig den Todesstoß.

 

 10. Över de stillen Straten (Theodor Storm & Ernst Licht)

Eines der schönsten Wiegenlieder deutscher Provenienz, hier in plattdeutscher Mundart, das Uli von Lale Anderson sowie in einer Version einer unbekannten jüdischen Sängerin und des Gitarristen Henri Regnier gehört hatte, und in das ins Repertoire von „Anonym“ einfloss.